Redeangst (Logophobie) braucht keine große Bühne oder ein großes Publikum, sie zeigt sich häufig schon in alltäglichen sozialen Situationen. Beim Einkaufen jemanden anzusprechen, um ein bestimmtes Produkt zu finden oder laut zu fragen, ob eine zweite Kasse geöffnet werden kann, erzeugt schon Stress. Sich in einer Gruppe vorzustellen kann Angstsymptome auslösen, wir schwitzen, zittern oder haben gefühlt einen Kloß im Hals. Manchmal zeigt sich Redeangst auch schon beim Telefonieren. Dies sind nur wenige Beispiele für Situationen die Stress und Angst erzeugen können.
Wir haben Angst zu versagen oder das die Stimme versagt. Der Gedanke, was werden die anderen von mir denken oder die Furcht, ob die Angst oder körperliche Angstsymptome von anderen Personen bemerkt werden, wirkt dann nahezu lähmend. Die Angst vor der Bewertung steigt und hindert uns daran frei und gelassen zu sprechen. Statt sich auf den Gesprächsinhalt zu konzentrieren, kreisen die Gedanken darum, wie wir nach Außen wirken: sehen die anderen meine Angst?
Sobald wir leichte körperliche Reaktionen spüren, schnelles oder schweres Atmen, der Blutdruck steigt, dann beginnt die Angstspirale. Hände oder Beine zittern, eine Hitzegefühl oder starkes Schwitzen, Erröten oder zittrige Lippen bis zur Angst vor Kontrollverlust. Dies sind nur wenige Beispiele für mögliche körperliche Symptome und irrationale Gedanken. Unser Körper interpretiert die soziale Situation falsch und die Gedanken kreisen, man fühlt sich dem machtlos ausgesetzt und ist einfach nur froh, wenn die angstbesetzte Situation vorüber ist.
Diese übersteigerte Bewertungsangst beim Reden in sozialen Situationen ist irrational, das heißt, unser Angstzentrum unterliegt einer Fehlbewertung. Die Angstsymptome sind außer Kontrolle geraten, weder Leib noch Leben sind bedroht und dennoch kann die Angst unerträglich werden und auch zur Vermeidung von angstauslösenden Situationen führen.
Es wäre auch ein Irrtum zu glauben, dass nur schüchterne Menschen oder introvertierte Personen von dieser Angst vor anderen zu sprechen, betroffen sind. Auch selbstbewusste Personen, die über sich sagen, dass sie beispielsweise in der Schule keine Redeangst hatten, können diese Angst im Erwachsenenalter entwickeln. Manchmal genügt eine Situation, in der wir sprechen wollten und dabei eine in dem Zusammenhang bis dahin unbekannte körperliche Reaktion bemerkten, beispielsweise ein trockener Mund, ein kurzer gedanklicher Aussetzer oder ein Hustenfall. Also Symptome, die man bis dahin beim Sprechen vor anderen Menschen nicht oder nicht in der Stärke kannte und die auch unabhängig von Sprechsituationen auftreten können.
Doch unser Angstzentrum verknüpft diese körperliche Reaktion mit der Sprechsituation. Unser Angstzentrum speichert dann „schnell und hart“ und wir lernen ungewollt, dass das Reden wiederholt zu diesen unangenehmen Reaktionen führen kann. In oder auch schon vor der nächsten Sprechsituation zeigen sich dann wiederum die Angstsymptome, wir bemerken diese und steigern uns in die Angst rein, so dass der Körper noch stärker reagiert. Wir haben die Redeangst „gelernt“. Das dieser ungewollte Lernprozess so schnell ablaufen kann, lässt sich auch so erklären, dass wir im Laufe der Evolution gelernt haben, dass es besser ist, wenn unser Angstsystem einmal mehr „falschen Alarm“ gibt, als einmal eine echte Gefahr zu übersehen. Deshalb lässt sich Redeangst auch kaum ohne Training oder therapeutische Unterstützung auflösen. Häufig weitet sich stattdessen die Angst aus, wird stärker und auch auf andere Situationen übertragen.
Die Redeangst überwinden
Alles was wir unbewusst oder ungewollt gelernt haben, können wir auch wieder korrigieren und umlernen, d.h. uns wieder bewusst werden, dass das Sprechen vor anderen Menschen keine echte Gefahr darstellt. So können wir wieder lernen, dass leichte körperliche Symptome an Bedeutung verlieren und das Reden in sozialen Situationen angstfrei möglich ist und auch Freude machen kann. Dies ist das Ziel der Therapie.
Mit einer Kombination aus Verhaltenstherapie und Hypnosetherapie ist es grundsätzlich möglich, die Redeangst abzubauen und zu überwinden. In der Therapie lernt das Angstzentrum wieder, dass das freie Sprechen keine reale Gefahr darstellt und dementsprechend keine Angstsymptome auftreten. Im Rahmen meiner praktischen Tätigkeit habe ich sehr gute Erfahrungen in der Therapie von Redeangst gemacht und hierfür sind häufig auch nur wenige Termine nötig.